Es gibt wahrlich schönere Themen, als diese unappetitliche Eigenart so mancher Hunde. Da hoffe ich doch mal, dass Ihr nicht gerade beim Frühstück sitzt. Aber gerade unschöne Angelegenheiten wollen und müssen besprochen werden. Am Ende dieses Artikels werdet ihr wissen was Koprophagie ist, ihr werdet Gründe kennen warum ein Hund so etwas macht und was ihr dagegen tun könnt, außer euch angewidert von eurem Hund abzuwenden.

Bei den anonymen Koprophagen

So richtig stolz ist man als Hundler ja nicht, wenn der geliebte Vierbeiner die Hinterlassenschaften anderer, oder sogar die eigenen, genüsslich verspeist. Deswegen sind wir tapfer und machen den Anfang bei den anonymen Koprophagen:

„Hallo mein Name ist Björn und mein Hund Mailo ist Koprophage!“

Kopro… was? Koprophagie ist das Schlauwort für den Verzehr von Kot. Am Hundeplatz sind wir meistens weniger förmlich. Da heißt es dann: Mein Hund frisst Scheiße! Nehmen wir es genauer, dann können wir noch zwischen Allokoprophagie und Autokoprophagie unterscheiden. Autokoprophagie bedeutet das Fressen der eigenen Hinterlassenschaften. Allokoprophagie bedeutet hingegen das Fressen des Kots anderer Tiere. Bei unseren Hunden sind das oftmals die „fünf Köstlichkeiten“: Kuhmist, Pferdemist, Hasenköttel, Katzenkot und, besonders schlimm, Menschenfäkalien. Bääääh! Diese Liste darf von euch natürlich individuell erweitert werden.

Allo…Dings, Auto…Bums. Ihr fragt euch vielleicht ob das nicht – Achtung! Schlechter Wortwitz – scheißegal ist? Nicht ganz. Denn Allokoprophagie kommt in bestimmten, wenn auch seltenen, Situationen als natürliches Verhalten vor. Aber dazu später mehr.

Noch ein kurzer Kommentar zu unserem Mailo, dem Koprophagen. Früher hatte er die ganz schlechte Angewohnheit menschliche Hinterlassenschaften zu fressen. Das hat im Übrigen zu unschönen Brechreizen bei seinem Frauchen geführt. Insbesondere, wenn danach die ganze Schnute braun verklebt war. Wir haben damals in der Nähe eines naturbelassenen Grüngeländes gewohnt. Ein sehr schöner Platz zum Gassigehen. Jedoch wurden dort öfter mal die Büsche von dem ein oder anderen Menschen als Naturtoilette benutzt. Mittlerweile frisst unser Mailo keine Menschenfäkalien mehr. So mancher Pferdeapfel steht aber immer noch auf seinem Speiseplan. Das ist auch nicht schön, aber vom Ekelfaktor unvergleichbar mit menschlichen Fäkalien. Außerdem heißt es ja so schön: „Ein Apfel am Tach hält den Doktor in Schach“.

Spaß beiseite. Auch bei Pferdeäpfeln besteht für unsere Vierpfoter die Gefahr Keime und Medikamentenrückstände mitaufzunehmen. Insbesondere Rückstände der Entwurmungsmittel haben es für unsere Hunde in sich.

Beobachtungen im Bereich der Koprophagie bei Hunden

Obwohl die Koprophagie beim Hund ein weit verbreitetes Problem ist, gibt es kaum wissenschaftliche Untersuchungen zu diesem Thema. Viele Aussagen basieren daher mehr auf intelligenter Alltagsbeobachtung und weniger auf durchdachten Verhaltensstudien, mit geplantem Ablauf und einer großen Anzahl, speziell ausgewählter Hunde.

Daher gilt: Nichts Genaues weiß man nicht! Dennoch möchte ich euch einige interessante und skurrile Beobachtungen zur Koprophagie bei Hunden servieren und mit unseren Erfahrungen bei Mailo würzen:

Wenn Hunde Kot fressen, dann vor allem festen, evtl. sogar gefrorenen Kot. Breiiger Stuhl oder Durchfall wird meistens nicht angerührt.

Früher hat Mailo auch breiige Menschenfäkalien gefressen. Diese Zeiten sind ja zum Glück vorbei. Wenn er kann frisst er auch gefrorene Pferdeäpfel. Sind mehrere Pferdeäpfle zu einem kompakten Klumpen zusammen gefroren, leckt er sogar daran, wie an einem Eis. Mmmmhhh! Kommt mir hier gerade eine neue Produktidee für ein Hundeleckerli?

Frischer Kot, also maximal 1 bis 2 Tage alt, wird bedeutend lieber gefressen als Altware.

Oft lässt sich natürlich nicht sagen, wie alt das Zeug ist, das unser Vierbeiner gerade in sich hineinschlingt. Mailo zumindest holt sich seinen Pferdeapfel immer von der „frischen“ Seite des Misthaufens. Das kann natürlich auch an seiner ausgeprägten Bequemlichkeit liegen, da der neue Mist immer weiter vorne liegt.

Koprophagie kommt in Mehrhundehaushalten (2, 3 oder mehr Hunde) häufiger vor als bei Einzelhunden.

Das ist bei uns schwer zu beurteilen, da Mailo bei uns immer der einzige Hund im Haushalt war. Jedoch macht diese Beobachtung Sinn, da Hunde in der Lage sind Verhaltensweisen anderer Hunde zu beobachten und nachzuahmen.

Koprophagie kommt bei Hündinnen häufiger vor als bei Rüden.

Schade, dass das unser Mailo nicht weiß. Diese Beobachtung stimmt jedoch gut mit einem Punkt überein, den ich bei den Gründen für das Kotfressen noch ansprechen werde.

Fressgierige Hunde, die zum Beispiel auch Futter vom Tisch klauen, neigen häufiger zur Koprophagie.

Mailo klaut zwar nicht vom Tisch, aber eine Fressnudel ist er definitiv. In seinem Heimtierausweis wird Mailo als Mix aus Ente (kaut nicht beim Fressen) und Vielfraß geführt.

Warum tut er das!?

Was bringt unseren Hund dazu seinen eigenen, oder den Kot anderer Tiere zu fressen?

Bevor wir diese Frage weiter untersuchen, müssen wir uns bewusst werden, dass wir zwar Kot im allgemeinen als ziemlich abstoßend empfinden, unsere Hunde solchen Ekel aber nicht empfinden. Oder kämt ihr auf die Idee den Haufen eures Nachbarn mal gründlich durchzuschnüffeln? Ich hoffe mal nicht. Für unsere Vierpfoter ist es aber vollkommen normal, sich ausführlich mit den Hinterlassenschaften anderer Tiere zu beschäftigen. Und das machen die dann auch nicht widerwillig, sondern ausgesprochen gerne. Bei uns Menschen ist das dann schon eher ungewöhnlich. Die Hemmschwelle eines Hundes einen Kothaufen, nicht nur mit der Nase zu erkunden, sondern auch ins Maul zu nehmen ist entsprechend bedeutend geringer.

Prinzipiell können drei Ursachen für Koprophagie unterschieden werden:

1. Das Fressen von Kot ist eine natürliche und in bestimmten Situationen nützliche Verhaltensweise für den Hund.

2. Das Kotfressen wird durch ein körperliches (physische) Ungleichgewicht beim Hund verursacht.

3. Der Kotverzehr wird durch ein geistiges (psychische) Ungleichgewicht beim Hund hervorgerufen.

Wann und warum könnte das Fressen von Kot eine natürliche und nützliche Verhaltensweise sein? Wie Menschenkinder auch, gehen Welpen durch eine Lebensphase, in der sie alles Mögliche in den Mund stecken und auch mal essen. Darunter Kot. Diese Erfahrungen sind Teil ihrer natürlichen Entwicklung. Andererseits wird auch vermutet, dass das Fressen von Kot dem Welpen hilft seine Darmflora aufzubauen. Das Welpen so manchen Blödsinn veranstalten kenne wir, aber was ist erwachsenen Hunden? Es ist bekannt, dass Hündinnen den Kot ihrer Welpen fressen um den Liegeplatz der kleinen sauber zu halten. Sobald die Winzlinge jedoch anfangen zu laufen, verschwindet dieses Verhalten wieder. Es gibt also durchaus mal Phasen im Hundeleben, in der Kot gefressen wird. Diese Phasen sind jedoch immer nur vorübergehend und erklären nicht das andauernde Kotfressen.

Weitere Ursachen der Koprophagie

Weitere Ursachen für das Kotfressen können körperliche Ungleichgewichte sein. All diesen Ursachen ist gemeinsam, dass der Hund einen tatsächlichen Mangel an bestimmten Nahrungsbestandteilen hat, oder zu wenig Kalorien aufnehmen kann um seinen Energieverbrauch zu decken. Um das zu beheben, frisst der Hund alles, was diesen Mangel lindern kann, also auch Kot. Zu diesen körperlichen Ungleichgewichten zählen beispielsweise der Befall mit Magen-Darm Parasiten. Aber auch Erkrankungen, durch die der Hund sein Futter nicht richtig verdauen (Maldigestion), oder im Magen-Darm-Trakt aufnehmen kann (Malabsorption). Maldigestion kann zum Beispiel durch eine Erkrankung der Bauchspeicheldrüse hervorgerufen werden, die Malabsorption durch Schleimhautödeme. Bei Diabetes kann es vorkommen, dass der Hund seinen Energiebedarf wegen der verschlechterten Blutzuckerverwertung nicht mehr ausreichend abdecken kann. In diesem Fall muss er zunehmend auf seine Fettspeicher zurückgreifen um den Kalorienmangel auszugleichen.

Bei vielen Hundehaltern ist der erste Gedanke, das Futter zu wechseln um einen möglichen Mangel zu beheben. Das war bei uns und Mailo auch nicht anders. Dies ist zwar der einfachste Ansatz, der jedoch oft das Problem nicht lösen kann. Füttert man ein Alleinfutter in den Mengen, angepasst an Größe, Alter und Aktivität, ist ein gesunder Hund mit allem versorgt was er für ein glückliches Hundeleben braucht. Dasselbe gilt natürlich auch für einen gut durchdachten Futterplan beim BARFEN oder anderen Fütterungsmethoden. Bei Letzteren kann sich allerdings schneller Mal ein Fütterungsfehler einschleichen.

Häufig ist ein psychisches Ungleichgewicht beim Hund die Ursache für Koprophagie. Der Auslöser für dieses Ungleichgewicht kann, muss aber nicht aktuell vorliegen. Manchmal ist die Ursache schon lange vorbei, aber das Kotfressen ist geblieben. So gibt es Hinweise darauf, das isoliert gehaltene Hunde (zum Beispiel „Einzelhaft“ in Zwingern), Hunde die auf zu kleinem Raum gehalten wurden (zum Beispiel tierschutzwidrige Kettenhaltung) und eventuell sogar neben ihren Fäkalien leben mussten, besonders zum Kotfressen neigen. Das gleiche gilt für Hunde, die Kot fressen mussten um nicht zu verhungern oder misshandelt wurden. Leider trifft dies insbesondere auf Hunde zu, die aus Ländern kommen in denen das Tierwohl weder im Gesetzt noch in der Gesellschaft einen hohen Stellenwert besitzt. Auch unser Mailo kennt Hungern und das Leben in Kettenhaltung (Ein Kanadier zieht bei mir ein). Es kann daher sein, dass sein Kotfressen noch ein Überbleibsel aus dieser schlimmen Vergangenheit ist.

Es gibt auch Hunde, die Kot fressen um die Aufmerksamkeit ihrer Halter zu bekommen. Eine Strategie die allzu oft aufgeht. Ob der Hund diese Strategie aus einer psychischen Unausgeglichenheit entwickelt hat muss individuell entschieden werden.

Was können wir dasgegen tun?

Um eine körperlich Ursache für das Kotfressen festzustellen und zu behandeln sollte ein Tierarzt hinzugezogen werden. Er kann durch Untersuchung des Blutes, des Urins und Stuhls einen möglichen Auslöser diagnostizieren. Wenn eine Erkrankung oder Parasitenbefall ausgeschlossen werden kann, so gibt es die Möglichkeit des Futterwechsels beim Alleinfutter, beziehungsweise die Anpassung des Futterplans bei anderen Fütterungsmethoden. Ist man sich hier nicht sicher, dann ist der Tierarzt wiederum ein guter Ansprechpartner. Handelt es sich jedoch um ein psychisches Ungleichgewicht, so könnt ihr mit eurem Hund trainieren, vom Kot abzulassen, indem ihr ein Abbruchssignal trainiert. Dies ist dann idealerweise kombiniert mit einer Alternativhandlung, zum Beispiel einem Abruf, so dass euer Liebling zu euch kommt anstatt den Kot zu fressen. Da jeder Hund einzigartig ist und damit auch die Ursachen für das Kotfressen, kann es sich lohnen den Hundetrainer eures Vertrauens mit einzubeziehen. Er kann euch helfen zu beurteilen warum euer Hund Scheisse frisst und welches Training in eurem speziellen Fall die besten Erfolge erzielen wird.


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