Zu Neele, vom Fiffibene Hundeblog, gehört Wilma, eine französische Bulldogge. Ich habe mir vor ein paar Wochen selbst schon Gedanken zu dem Thema Modehund gemacht, und nun erfahrt ihr hier, was Neele dazu sagt.

Liebe Neele, danke für deinen tollen Beitrag und den daraus entstandenen total netten Kontakt!

Verkaufsschlager Modehund?

„[…] Hunderassen und Hybridhunde [bezeichnet], die aufgrund einer Modeströmung vorübergehend häufiger gehalten werden, als dies im langjährigen Durchschnitt für solche Hunde der Fall ist“, lautet die allgemeine Definition des Begriffs „Modehund“ bei Wikipedia. Mir persönlich stößt diese Bezeichnung übel auf – und zwar vor allem wegen der leider auch negativen Effekte, die diese Deklaration für die jeweiligen Hunde haben kann.

Das Thema „Modehund“ ist daher nicht nur ein sehr spannendes, sondern leider auch ein sehr trauriges Thema, das immer wieder aufs Tapet gebracht werden sollte. Ich verbinde Modetrends nicht mit Lebewesen und würde mir nie einen Hund anschaffen, nur weil er gerade „in Mode“ ist. Das ist eindeutig das falsche Motiv. Hunde sind keine Accessoires, keine Gegenstände, keine Trends.

Film, Fernsehen, Werbung „brandmarken“ Hunde

Den größten Einfluss darauf, ob eine oder auch mehrere Hunderassen besonders begehrt sind, haben wahrscheinlich die Massenmedien: Hunde, die bevorzugt in Film, Fernsehen und Werbung gezeigt werden, erfreuen sich stets größter Beliebtheit. Sei es der hübsche Border-Collie aus der Hundefutter-Werbung, der schicke Dalmatiner aus dem Film 101-Dalmatiner oder auch der Chihuahua von Paris Hilton. Hunderassen, die präsent sind, haben eine große Fangemeinde und auch entsprechend viele potentielle Herrchen und Frauchen.

Der amerikanische Professor für Psychologie, Harold Herzog (Western Carolina University), analysierte vor einigen Jahren die Welpen-Statistiken, um herauszufinden, warum bestimmte Rassen zu bestimmten Zeiten besonders beliebt sind. Herzog konnte aus den Hundevorlieben lesen, wie die Amerikaner in die Vororte zogen, wie die Globalisierung neue Rassen mit sich brachte, welcher Präsident gewählt worden war und welchen Hund er sich gekauft hatte. Und manchmal las er aus den Zahlen eben auch nur, welcher Film oder welche Werbekampagne sehr erfolgreich lief.

Das sind sie also, die Phänomene, die darüber entscheiden, welche Hunderassen gerade „en vogue“ sind. Zeitgeist und das jeweilige mediale Interesse lenken das Schicksal der Hunde. Bei „Modehunden“ wirken dieselben Kräfte wie bei anderen Modeerscheinungen: Abgrenzung und Imitation, die alten Mechanismen der Mode, gelten erschreckenderweise ebenso für die Haustierwahl.

Dass viele Menschen eine Hunderasse toll finden, ist an und für sich noch kein Problem – weder für den Hund noch für den Halter. Und dass bestimmte Rassen durch Filme & Co. eine Zeitlang besonders im Fokus stehen und ihnen mehr Aufmerksamkeit zukommt als anderen, ist nicht verwerflich. So ist das eben mit der Aufmerksamkeit in Zeiten von Reizüberflutung. Menschen selektieren – und die Macht der Mattscheide und von „Vorbildern“ ist hinlänglich bekannt.

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Wo ist dann das Problem?

Die Motive sind das Problem! Unüberlegte Rassewahl ist das Problem. Das Problem ist, dass viele sich „Modehunde“ zu Schnäppchenpreisen bei Vermehrern oder zweifelhaften Hobby-Züchtern zulegen. Das Problem ist, dass die Leute dann irgendwann merken: Ooops, der Weimaraner zerlegt mir die Bude. Oh, meine Französische Bulldogge ist aber oft krank – und teuer! Dann muss der Hund eben weg.

Was für eine Wesensart zeichnet die Rasse aus? Was für Bedürfnisse hat der Hund? Was sind die rassespezifischen Anforderungen etc.? Zumeist Fragen, die für den Trendhundehalter nicht relevant sind. Für ihn zählt in der Regel das äußere Erscheinungsbild, mit dem er auffällt, sich abgrenzt. Er möchte denselben Hund wie Promi XY und kauft sich mit dem Hund gleich ein Stück Identifikation mit seinem Idol dazu. Aber passt der Hund in sein Umfeld? Kann der Trendhundehalter aus der Millionen-Metropole dem Border-Collie-Welpen gerecht werden?! Zerlegt dieser die 2-Zimmer-Wohnung, weil der Hund unterfordert ist, ist der unerfahrene und uninformierte Trendhundehalter schnell überfordert, lädt den Hund im Tierheim ab oder verhökert ihn über Kleinanzeigen – im schlechtesten Fall.

Nicht Optik und „Promi-Status“ dürfen ausschlaggebend sein, sondern die Passgenauigkeit zwischen dem Hund und dem Herrchen/Frauchen. Jede Rasse hat ihre je speziellen Bedürfnisse, Eigenheiten und Ansprüche. Diese sollte man kennen BEVOR man sich für einen vierbeinigen Begleiter entscheidet.

Etikett „Modehund“: Ein schlechter Start ins Leben

Besonders beliebte Rassen sind ein gefundenes Fressen für Welpenhändler und unseriöse Vermehrer. Ein denkbar schlechter und oftmals grausamer Start ins Hundeleben: Das Tier ist in dieser Szene Mittel zum Zweck. Die Hündin soll werfen. Der Rüde soll decken. Tun sie ihre Dienste nicht mehr, werden sie gnadenlos „entsorgt“. Die Gesundheit der Tiere? Egal. Wichtig ist nur, mit der „Ware Hund“ schnell auf die Nachfrage zu reagieren und den größtmöglichen Gewinn einzustreichen.

Ein weiteres Schicksal, das die Hunde mit dem zweifelhaften Ruf des Modehundes ereilt: die Überzüchtung. Rassemerkmale, wie beispielsweise die kurze Schnauze des Mops oder die großen, hervorquellenden Augen des Chihuahua werden übertrieben verstärkt – weil es der Mode und letztendlich der Nachfrage entspricht. Das gilt auch für Rassen wie Schäferhund, Dalmatiner oder Golden Retriever, von denen viele unter angezüchteten Krankheiten leiden.

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Werden wir konkret: Ist der Frenchy ein Modehund?

Sind Frenchys Modehunde? Prompt wird der eine oder andere mit einem „Ja“ antworten. Die Welpen-Statistik des VDH spricht aber eine ganz andere Sprache: 2012 sind gerade einmal 312 Französische Bulldoggen zur Welt gekommen. 2013 ist die Zahl sogar auf 274 Frenchys gesunken. Ziehen wir noch einmal die Wikipedia-Definition heran, so dürfte der „Modehunde-Kelch“ an den Französischen Bulldoggen vorübergegangen sein: „Hunderassen […], die […] vorübergehend häufiger gehalten werden, als dies im langjährigen Durchschnitt für solche Hunde der Fall“.

ABER: Die Statistik zeigt Zahlen der offiziellen, vom Verband anerkannten Züchter. Sie ist also nur bedingt aussagekräftig. Wie viele Kriminelle im Dunkeln ihr Unwesen treiben, ist nicht bekannt. Außerdem sind natürlich auch nicht alle seriösen Züchter im VDH gelistet. Insofern geben die Zahlen kein vollständiges Bild ab. Zieht man beispielsweise die Statistiken der Tierschutzorganisation Tasso zum Vergleich heran, haben in diesem Zeitraum deutlich mehr Frenchys das Licht der Welt erblickt. Und die Dunkelziffer dürfte die Zahlen noch einmal um einige Prozentpunkte in die Höhe treiben – leider.

Wilma blickt über ihr Revier

Umfrage: Die „gefühlte Welpen-Statistik“ der Community

Wie sieht es in der Hunde-Community im Netz aus? Wird die Französische Bulldogge als Modehund wahrgenommen oder nicht? Hierfür habe ich auf dem Fiffibene Hundeblog eine kleine Umfrage gestartet, die die „gefühlte Welpen-Statistik“ abbilden sollte. Vier Antwortmöglichkeiten standen den Teilnehmern zur Wahl: Ist die Französische Bulldogge ein Modehund, ist sie auf dem besten Wege dorthin, ist sie kein Modehund oder nicht mehr? Die Ergebnisse:

http://fiffibene.de/bulldogge-modehund/

Insgesamt haben 80 Leute an der Umfrage teilgenommen (da immer noch einige an der Umfrage teilnehmen, können die Zahlen mittlerweile abweichen. Die jeweils aktuellen Zahlen findet ihr unter dem oben genannten Link). Mit 49 Stimmen war die Mehrheit der Meinung, dass es sich bei der Französischen Bulldogge definitiv um einen Modehund handelt. 22 der befragten Community-Mitglieder würden den Frenchy als Modehund „in spe“ bezeichnet, d.h. sie sind der Ansicht, dass die kleinen Franzosen auf dem besten Wege zu diesem zweifelhaften Image seien. 9 der befragten Leute glauben nicht, dass die Rasse zu den Modehunden zählt bzw. nicht mehr zählt. Falls ihr noch keine Stimme abgegeben habt, könnt ihr das gerne nachholen.

Wir selbst teilen seit Anfang 2012 unser Leben mit unserer Bully-Dame Wilma. Ich muss zugeben, dass mir diese Rasse vorher absolut unbekannt war, ich also ohne es zu wissen, ebenfalls in den Besitz eines „Modehundes“ gekommen bin. Unsere Kriterien für Wilma waren daher auch ganz andere.

Warum wir uns für eine Französische Bulldogge entschieden haben…

  • Wir haben uns nicht für eine Bulldogge entschieden! Wir haben uns für Wilma entschieden! Und sie sich für uns.
  • Sie ist klein und braucht nicht zwingend einen riesigen Garten
  • In ihr steckt ganz viel Charakter, Charme, Verrücktheit in ganz wenig Hund
  • Wir sind erfahrene Hundehalter und lieben die Herausforderung dieses sturen und eigenwilligen Wildfangs
  • Sie ist anhänglich, verschmust und ein kleiner Clown
  • Sie liebt Kinder und hat ein aufgeschlossenes Wesen
  • Sie liebt Abenteuer – wir auch!
  • Wilma ergänzt unsere Familie perfekt und ist das beste Familienmitglied, das man sich wünschen kann
  • Mehr Gründe findet ihr hier http://fiffibene.de/an-tagen-wie-diesen/

Bei Wilma haben wir lange nach einem geeigneten Züchter gesucht und uns vorab intensiv mit dieser Rasse auseinander gesetzt. Von einigen „Züchtern“ haben wir gleich Abstand genommen. Wilma stammt aus einer verantwortungsvollen Zucht und hat eine deutlich längere Nase als einige ihrer Rassekollegen. Dadurch leidet sie nicht unter Atem- oder sonstigen Problemen. Sie ist quickfidel, kerngesund und sehr sportlich! Der Terrier-Anteil scheint auch nicht von schlechten Eltern zu sein, da ihr Jagdtrieb sehr ausgeprägt ist.

Wilma ist kein Modehund. Sie ist ein charakterstarker Hund, der die Natur – vor allem die Berge –, lange Spaziergänge, Wasser, Spielen mit Kumpels (gern auch deutlich größer und stärker als sie) und Herausforderungen sowie Abwechslung liebt. Ein Schoßhund ist sie definitiv nicht.

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Neele mit Wilma

Fazit

Jeder, der sich aufgrund des medialen Interesses, das einer Rasse zuteilwird, einen bestimmten Hund anschafft, sollte überhaupt keinen Hund haben dürfen. Hunde schafft man sich an, weil man sie als Partner und Wegbegleiter über viele Jahre schätzt, versorgt, liebt, pflegt, weil man den vielen heimatlosen Hunden ein Zuhause bieten will, weil man mit Hunden arbeiten möchte, weil man diese Spezies einfach einzigartig findet. Die Entscheidung, welche Rasse oder welcher Mischling zuhause einzieht, sollte sich an vernünftigen Kriterien orientieren, und nicht an oberflächlichen Pseudo-Mode-Trends.

Moden sind vergänglich, flammen vielleicht wieder als alte Trends in neuem Gewand auf, sind aber grundsätzlich eher von kurzer Dauer. Finde ich deswegen Wilma in ein paar Jahren nicht mehr süß?! Liebe ich sie weniger? Wird der nächste Hund eine andere Rasse? Natürlich nicht! Hunde sind liebenswert um ihrer selbst willen und nicht aufgrund irgendeines Trends.

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