Hunde haben eine kürzere Lebenserwartung als Menschen. Es ist daher sehr wahrscheinlich, dass die Halter ihren geliebten Vierbeiner überleben werden. Sei es, weil der Hund eines natürlichen Todes, an einer Krankheit oder den Folgen eines Unfalls stirbt. Oft machen sich die Hundehalter viele Gedanken darüber, wann der Zeitpunkt gekommen ist das tierische Familienmitglied durch Einschläferung zu erlösen, wo dies stattfinden und wie mit dem Hundekörper nach dem Tod umgegangen werden soll. Weniger Gedanken macht man sich als Halter jedoch über die eigene Trauer in dieser Extremsituation.

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Trauer beschreibt die Gefühle, die wir bei Verlust einer Bezugsperson erleben. Sie ist ein notwendiger Vorgang, um den Schmerz des Verlustes zu verarbeiten. Trauer zeigt sich durch verschiedene Symptome, wie Niedergeschlagenheit, Sorgen, Schlafprobleme, das Gefühl der inneren Leere oder gestörtes Essverhalten. Wir sind also in der Trauer einem enormen körperlichen und seelischem Stress ausgesetzt.

Für viele Menschen ist ein Hund nicht nur ein Tier, sondern ein geliebtes Familienmitglied. Für manche ist er sogar der engste Sozialpartner.

Es ist doch nur ein Tier!

So eine Aussage führt bei vielen Hundehaltern nur zu verständnislosem Kopfschütteln und ein genauerer Blick gibt ihnen Recht. Denn mittlerweile handelt es sich bei dem Hund, vielfach nicht mehr um ein einfaches Haustier, sondern um ein vollwertiges Familienmitglied. Zumindest sehen dies etwa 85% aller befragten Haustierbesitzer so. Entsprechend groß ist daher der Einfluss unserer Hunde auf unsere Lebensführung und auf unser Gefühlsleben. So wurden Hunde zu Beginn des letzten Jahrhunderts oftmals als Arbeitstiere gehalten, um Haus und Hof zu bewachen, Nutztiere zu hüten oder bei Jagd zu unterstützen. Den Luxus, einen Hund aus der Freude am Tier zu halten, hatten damals nur wenige.

Später ging der Trend dahin, dass sich besonders Familien mit Kindern einen Hund hielten, um Ihrem Nachwuchs einen Kameraden zur Seite zur stellen und die soziale Entwicklung zu fördern. Neuere Studien hingegen zeigen eine entgegengesetzte Entwicklung. Der Anteil an kinderlosen Haustierbesitzern steigt und liegt mittlerweile bei etwa 60%. Entsprechend steigen auch die Ansprüche der Hundehalter an ihren Hund als, teilweise sogar engsten, Sozialpartner. Es kann daher angenommen werden, dass somit auch die Bindung zwischen Mensch und Hund immer intensiver, enger und stärker wird. In dieser Hinsicht ist es auch nicht von Bedeutung ob ein Hund oder ein anderes Haustier wirklich in der Lage ist einen menschlichen Sozialpartner zu ersetzten, solange der Tierhalter dies so empfindet.

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Doch warum ist die Mensch-Hund-Bindung in Bezug zur Trauer so interessant?

Die Trauer um ein geliebtes Haustier ist vergleichbar mit dem Verlust eines geliebten Menschen. Je nach individueller Situation der Mensch-Hund-Beziehung kann dies auch auf den körperlichen und seelischen Stresslevel zutreffen, unter dem der Hundehalter leidet. Die Intensität der Trauer nach dem Tod des Hundes ist abhängig von der Stärke der Mensch-Hund-Bindung, sowie von der Dauer. Je stärker wir uns daher unserem Hund verbunden fühlen und je länger wir mit unserem Hund zusammenleben, desto intensiver wird im Allgemeinen auch die Trauer ausfallen. Da unsere Hunde eine zunehmend stärkere Rolle als Sozialpartner einnehmen, kann man daraus schlussfolgern, dass auch die Trauer beim Tod des Hundes intensiver wird und damit auch die weiter oben genannten Symptome.

Untersuchungen haben gezeigt, dass insbesondere Kinder intensiv und lange um ihre Haustiere trauern. Diese fühlen sich häufig für den Tod des Tieres verantwortlich und haben größere Probleme damit den Verlust des tierischen Freundes zu akzeptieren.

Ein weiterer wichtiger Aspekt für den Verlauf der Trauer ist der Grad der Unterstützung aus dem sozialen Umfeld des Trauernden. So wird auch heute noch der Verlust des geliebten Hundes von Teilen der Gesellschaft, so zum Beispiel in der Arbeit oder der Schule, keine Bedeutung beigemessen. Besonders stark ausgeprägt ist dieses Unverständnis und Kleinreden der Trauer durch Menschen, die selbst kein Haustier besitzen, oder eine geringe Wertschätzung gegenüber Haustieren haben.

Dabei ist es wichtig der Trauer um das verstorbene Haustier den notwendigen Platz einzuräumen um den Schmerz des Verlustes zu verarbeiten. Eine gesellschaftliche Akzeptanz ist hierbei von wichtiger Bedeutung. Schon heute liegt die Anzahl an Tierhaltern, die erhebliche pathologische Reaktionen während der Trauerphase entwickeln und somit eigentlich einer ärztlichen Behandlung bedürften, zwischen 5 und 12%.

Die Trauer um den geliebten Hund kann so intensiv sein wie um einen Menschen. Besonders Verständnis und Unterstützung aus dem sozialen Umfeld sind für den Trauernden wichtig.

Das erwartet euch nach dem Verlust eures Lieblings

Schon in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts haben Wissenschaftler dargestellt, dass sich die Trauer in verschiedene Phasen einteilen lässt. Dr. Elisabeth Kübler-Ross und David Kressler beschrieben bereits 1969 die 5 Phasen der Trauer, welche später noch um zwei weitere Phasen erweitert wurden. Natürlich dachten die beiden Wissenschaftler damals nicht an die Trauer eines Menschen um seinen geliebten Hund, sondern um die Trauer nach dem Verlust eines anderen Menschen. Wie aber bereits beschrieben, wird heute vielfach angenommen, dass es keine prinzipiellen Unterschiede im Ablauf und der Funktion der Trauer gibt. Es erscheint daher unerheblich, ob wir um unser zweibeiniges oder um unser vierbeiniges Familienmitglied trauern. Viel wichtiger ist wie stark die Bindung war und wie lange diese gedauert hat.

Wichtig zu wissen ist, dass nicht alle Stationen der Trauer gleich stark ausgeprägt sind. Der Ablauf der Trauer und die Dauer und Intensität der einzelnen Stationen ist sehr individuell. Eventuell werden sogar einzelne Stationen übersprungen.

Phase 1: Schock

Es kann sein, dass wir es zu Beginn gar nicht glauben können, dass unser geliebter Hund von uns gegangen ist. Dieser Unglaube dient als emotionaler Puffer zum Tod unseres Hundes. Er schützt uns davor von unseren Gefühlen überwältigt zu werden.

Phase 2: Verleugnung

In dieser Phase streiten wir den Tod unseres Hundes ab und damit auch jegliche Gefühle zum Verlust unseres Lieblings. Es kann sich daher anfühlen, als ob wir keine Emotionen zum Verlust empfinden. Wie die Phase “Schock” hilft uns auch die Phase “Verleugnung”, dass wir nicht von unseren Gefühlen überwältigt werden. Somit können wir die Gefühle über den Tod in der Geschwindigkeit zulassen, die gut für uns ist. Die Phase der Verleugnung wird mit der Zeit schwächer werden und wir lassen die Gefühle zu. Dies ist wichtig, da wir die Gefühle brauchen um in der Trauer den Tod unseres Hundes zu verarbeiten.

Phase 3: Wut

Wut ist eines der Gefühle, die wir in der Trauer zulassen müssen um den Verlust unseres geliebten Vierbeiners zu verarbeiten. Sie löst die Emotionslosigkeit der Phase Verleugnung ab. Die Wut kann zum Beispiel gegen den Tierarzt gerichtet sein, gegen Familienmitglieder, Freunde, uns selbst, aber auch gegen unseren Hund.

Phase 4: Verhandeln

Diese Phase kann auch die “Wenn…dann” Phase genannt werden. Wir versuchen in dieser Phase den geistigen Zustand vor dem Tod unseres Hundes wiederherzustellen. Häufig haben wir dann Gedanken wie zum Beispiel: “Wenn ich früher zum Tierarzt gegangen wäre, dann…”. Oft haben wir in dieser Phase tiefe Schuldgefühle.

Phase 5: Niedergeschlagenheit/Depression

Nachdem wir in der Phase “Verhandeln” Gedanken an die Zeit vor dem Tod hatten und häufig Schuldgefühle bekamen, denken wir nun an die Gegenwart. Wir erkennen den Tod unseres Hundes als real an. Hierbei spüren wir oftmals das Gefühl einer tiefen Traurigkeit.

Phase 6: Testen

In dieser Phase fangen wir an unser Leben an der Realität des Verlustes unseres Hundes neu auszurichten. Tagesabläufe werden sich ändern und neue Routen im Leben gegangen. Wir versuchen unser Leben neu auszurichten.

Phase 7: Akzeptanz

Das Akzeptieren des Todes und des Verlustes bedeutet nicht unbedingt, dass jetzt alles wieder in Ordnung ist. Es bedeutet, dass wir die Situation als real und unveränderlich akzeptieren und dass unser geliebter Hund nicht wiederkommen wird. Unser Leben wird nicht mehr so sein wie früher, aber wir sehen ein, dass es weitergehen muss.

Warum müssen wir so leiden?

Wie bereits beschrieben, ist die Trauer ein notwendiger Vorgang, um den Schmerz des Verlustes zu verarbeiten. So weit so gut. Aber warum müssen wir solche Schmerzen überhaupt ertragen, obwohl es doch den Toten nicht wieder lebendig macht. Was hat sich die Natur bei der Trauer nur gedacht? Oder etwas anders gefragt: Was könnte der Vorteil sein, um einen verlorenen Sozialpartner zu trauern?

Es gibt bis heute keine eindeutige Antwort auf diese Frage, jedoch einige interessante Gedanken und Vorschläge.

So wird zum Beispiel vermutet, dass die Trauer zwei Funktionen hat. Wie bei den verschiedenen Phasen der Trauer beschrieben, akzeptieren wir zu Beginn den Tod unseres Partners nicht. Aus biologischer Sicht macht dies durchaus Sinn. Denn es könnte ja wirklich sein, dass unser Partner doch nicht tot ist und wir ihn wieder treffen könnten. Wenn ihr bereits einen Hund verloren habt, dann habt ihr vielleicht nach dem Tod immer wieder das Gefühl gehabt, dass euer Hund doch noch bei euch ist. War das nicht gerade sein Napf den ich gehört habe? Hat mich nicht gerade etwas an der Hand berührt? Manchmal könnten wir schwören, wir haben etwas von ihm gehört, etwas von ihm gerochen oder in den Augenwinkeln gesehen. Dies sind keine Halluzinationen, sondern sogenannte Falschwahrnehmungen. Bevor wir also den Verlust akzeptieren, suchen wir unterbewusst nach Anzeichen, dass unser Hund doch noch lebt. Unser Gehirn hat sich sozusagen mit dem Verlust noch nicht abgefunden. Auch in Filmen wird gerne mit dem Prinzip der Falschwahrnehmung gearbeitet. So zum Beispiel, wenn die die Hauptdarstellerin glaubt ihre doch eigentlich verstorbene oder vor langer Zeit verschwundene Tochter plötzlich wieder gesehen zu haben, woraufhin sich dann die Filmhandlung aufbaut.

Die Reunion-Theory

Die erste Funktion der Trauer könnte also sein, dass wir unseren verlorenen Partner nicht zu schnell aufgegeben und nach Anzeichen suchen, dass er doch noch lebt. Dies kann zu Falschwahrnehmungen führen. Beschrieben wird dies in der sogenannten “Reunion-Theory” (Theorie der Wiedervereinigung). Je stärker und länger die Bindung zu unserem Partner war, desto intensiver kann diese Phase ausfallen.

Ist unser Hund aber tatsächlich gestorben, kann es natürlich kein Wiedersehen mit ihm geben. Die unterbewusste Suche nach Lebenszeichen unseres Hundes müssen daher irgendwann enden. Daher werden die Falschwahrnehmungen mit der Zeit schwächer werden und irgendwann ganz verschwinden. Nun folgt die zweite Funktion der Trauer. Die Akzeptanz das unser Hund nicht wiederkommen wird. Die Trauer hilft uns dabei diesen Zustand zu begreifen und unser Leben ohne den geliebten Partner neu zu organisieren. Die Akzeptanz des Todes ermöglicht es uns auch irgendwann einen neuen Hund in unser Leben und unser Herz zu lassen.

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Zum Glück gibt es schlaue Menschen, die mit ihrer wissenschaftlichen Arbeit versuchen uns und unsere geliebten Vierbeiner besser zu verstehen. Dieser Artikel ist auf Grundlage folgender Arbeiten entstanden:

  • Claire White und Daniel Fessler: „Evolutionizing grief: Viewing photographs of the deceased predicts misattribution of ambiguous stimuli by the bereaved“; Evolutionary Psychology, 2013
  • Juliane Oates und Patricia Maani-Fogelman : „“Nursing, Grief and Loss; StatPearls Publishing LLC, 2018
  • Cindy Adams und Kollegen: „Owner response to companion animal death:
  • development of a theory and practical implications“, The Canadian veterinary journal, 1999
  • Fernandez-Mehler und Kollegen: „Veterinarians’ role for pet owners facing pet loss“, Veterinary Record, 2013